Kitzel mich

(aber bitte nicht zu lange)

Kitzeln ist ein paradoxes Phänomen: Wir lachen unweigerlich dabei und wehren uns gleichzeitig mit vereinten Kräften gegen die Attacke von außen. Bereits großen Denkern wie Charles Darwin und Aristoteles verpasste jene rätselhafte Berührung Grübelfalten auf die Stirn. Warum kreischen wir beim Kitzeln? Warum können wir uns nicht selber kitzeln? Viele Fragen, viele Vermutungen.

Ein Versuch, dem schrecklich-schönen Phänomen auf den Grund zu gehen.

Bis heute sind sich Wissenschaftler uneins, was es mit dem Kitzeln genau auf sich hat. Vermutungen gibt es zuhauf.

Die Gekitzelten sind sich jedoch einig:
Kitzeln ist eine lustvolle und gleichzeitig leidige Angelegenheit. Das steht schon mal fest.

Ist Kitzeln eine Form der Kommunikation?

Kitzeln gilt als Booster in sozialen Beziehungen und als eine wahre Urform der Kommunikation. Besonders in der ersten Kennenlernphase von Mutter und Kind dienen die liebevollen Kitzelberührungen dem Bindungsaufbau. Dies setzt natürlich ein gewisses Vertrauen voraus.

„Wenn sich die Kinder kitzeln lassen, dabei herzhaft kichern und ihre Augen schließen, dann weiß ich, dass sie sich wohlfühlen und mir vertrauen. Gut dosiertes Kitzeln wirkt definitiv beziehungsfördernd. Ich bringe den Kindern aber immer bei, dass sie auch nein sagen dürfen. Hier geht es um Körpergrenzen“, erklärt die Kindergartenpädagogin Julia Geir.

Warum lachen wir beim Kitzeln?

So sehr wir uns auch bemühen, auf den körperlichen Reiz reagiert unser Körper mit Lachen. Warum das so ist, darüber wird heftig diskutiert. Einige sehen darin einen Reflex, der nicht einfach ausgeknipst werden kann, wie der Schreckensruf nach einem lauten Geräusch. Andere glauben wiederum, dass das Lachen ein Zeichen der Erleichterung ist. Die potenzielle feindvolle Berührung wird vom Gehirn zunächst einem Sicherheitscheck unterzogen. Wird sie als harmlos eingestuft, dann sind wir erleichtert und zeigen dies mit Gekicher.

So oder so: Lachen gehört zur Kitzeleinheit dazu, so in etwa wie das Weinen zum Zwiebelschnippeln. Damit aus freudigen Tränen aber nicht qualvolle werden, rät Julia zu Vorsicht: „Kitzeln ist zwar etwas Lustvolles, es ist aber wichtig, dass der Bogen nicht überspannt wird. Denn dann kann es schnell unangenehm für das Kind werden. Besonders ganz kleine Kinder können nicht gut aus Situationen flüchten. Da muss man immer gut hineinspüren".

Dass Kitzeln auch zur Qual werden kann, wussten bereits die Menschen im Mittelalter und ließen sich allerlei „Kitzelschweinereien“ als Foltermethoden einfallen. Die Dosis macht also wie immer das Gift. Zu viel ist nix.

Können wir uns selber kitzeln?

Die Antwort liegt auf der Hand: Nein, weil schlicht und einfach der Überraschungsmoment fehlt. Wenn wir wissen, welche Berührung folgt, ist unser blitzgescheites Gehirn schon vorgewarnt und kann den Reiz getrost ignorieren. Puh! Interessant ist, dass wir dennoch kitzlig sind, wenn uns jemand fremdkitzelt und wir es kommen sehen.

„Bei Kindern ist dieses Phänomen noch stärker. Auch wenn sie sich anstrengen, gekichert wird bei den spielerischen Kitzelattacken eigentlich immer. Es gibt kaum Kinder, die es nicht mögen. Kitzeln lockert auf und lässt eine wunderbare Gruppendynamik entstehen“, erklärt Julia.

"Kitzeln und Lachen
waren fester Bestandteil
unserer Kindheit"

Kindergartenpädagogin Julia Geir

Im Ernst: Zu viel Kitzeln kann zur Qual werden. Aber gegen eine kurzweilige Kitzelattacke der besten Freundin oder dem Partner ist doch nichts einzuwenden, oder? „Als Kind kann man es kaum erwarten, erwachsen zu sein. Und wenn man dann erwachsen ist, erkennt man erst, wie wunderbar leicht das Leben als Kind war. Kitzeln und Lachen waren fester Bestandteil unserer Kindheit“, erinnert sich die Mama eines mittlerweile einjährigen Sohnes.

Gekitzelt wird auch in ihrer kleinen Family: achtsam und gut dosiert.

bewusst und richtig atmen
DAS VERRÜCKTE ATMEN

Mit dem ersten Atemzug strömt zum ersten Mal Luft in die Lunge eines Neugeborenen. Erklärt wurde ihm zuvor aber nicht, wie das mit der Atmung eigentlich läuft. Über die Jahre hat sich unsere Atmung jedoch verändert und ist in den Hintergrund gerückt. Wir atmen meist zu flach, zu schnell, über den Mund oder zu wenig bewusst.

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